Die Geschichte des Verschönerungsvereins

von Stadtheimatpfleger Dr. Werner Fees-Buchecker - ergänzt

 

Schon 1847 wurde die Gründung eines Vereines unter dem Namen Verschönerungsverein angeregt,  die eigentliche Gründung geschah dann im Jahr 1872 am 5. März in der Gastwirtschaft des Herrn Josef Kloo, in dem früheren Gasthof zur Glocke (in der Herkomerstraße an Stelle des heutigen Ärtztehauses und des Drogeriemarkts Müller).

 

Zweck dieses Verschönerungsvereins sollte es sein „ Die Stadt Landsberg und deren nächste Umgebung durch Herstellung von Anlagen und Spaziergängen [...] nach Möglichkeit zu verschönen". 72 Mitglieder ließen sich an diesem Tage einschreiben. Daß der Verein (zeitüblich) ein ausgesprochener Honoratiorenverein war, zeigt dann die neugewählte Vorstandschaft : Vorstand wurde der Apotheker Anton Böhm, ein ehemaliger Magistratsrat, der Bankier Herz wurde als Kassier gewählt, und Beiräte wurden der Brauereibesitzer Kloo, Kaufmann Nocker, Oberförster Ruhwandl, der kgl. Hauptmann Schrenk, und der kgl. Notar Zintgraf.

 

Bürgermeister Arnold nennt in dem Verwaltungsbericht (mit Stand 1886) 33 Vereine. Davon waren die meisten gesellige Vereinigungen, wie Liedertafel, Rauch- ,Leseverein, Harmonie usw., davon könnte man höchstens ungefähr 9 als gemeinnützig im heutigen Sinne bezeichnen, einer davon der damalige Verschönerungsverein.

 

Das Gründungsjahr fiel in eine Zeit des größten Umbruchs für die Menschen in Landsberg und Bayern. 1871 wurde das deutsche Kaiserreich gegründet (Ende der Selbständigkeit Bayerns — Bismark — gerade noch Feinde ), die Menschen erlebten darauf etwas was wir gerade in weit geringeren Umfang erlebt haben, die Umstellung auf neue Maß, Gewichts- und Währungssysteme (1876), man maß nicht mehr in Ellen, Fuß und Meilen, sondern in cm, Meter, Kilometer, statt Metzen und Scheffel mußte man sich an Gramm und Kilogramm gewöhnen, und seit 1876 gab es keine Gulden und Kreuzer mehr, sondern Mark und Pfennig (von der wir gerade Abschied genommen haben).

 

Seit dem Vereinsgründungsjahr 1872 ging es mit der Stadt auch wirtschaftlich wieder bergauf, nachdem die Stadt den Bahnanschluß erhielt. Die beiden ehemals eminent wichtigen Fernhandels-wege — die Salzstraße und die Nord- Südverbindung nach Italien (ungefähr auf der Trasse der heutigen B 17) hatten durch die Verlagerung des Warenverkehrs auf die Schiene fast vollständig an Bedeutung verloren und 1848 wurde die Salzfaktorei und damit der Salzhandel aufgehoben. Durch die Bahn war Landsberg jetzt wieder an den großen Verkehr angeschlossen und in der Folgezeit entwickelte sich Landsberg zu einer äußerst wichtigen Behörden- und Schulstadt. Seit 1863 war die Stadt wieder Garnison, 1866 kam die Präparandenschule für Lehrerbildung, 1874 baute man die neue Knabenschule, 1878 wurden die königliche Realschule und —ganz bedeutsam die Kreisackerbau-schule eingerichtet und 1883 entstand die Pflugfabrik (Einen Höhepunkt erlebte die Entwicklung dann im Jahrzehnt vor dem 1. Weltkrieg mit der Saarburgkaserne, dem Realschupensionat und der Haftanstalt). Durch all diese Einrichtungen kam ein großer neuer Personenkreis nach Landsberg, Schüler, königliche Professoren, königliche Beamte, Soldaten und Offiziers- und Unteroffiziers-familien. Für diese Neuzuzügler, genau wie für die einheimische Bevölkerung und die ersten Fremden, die Landsberg nun mit der Eisenbahn besuchen konnten, wollte der Verein die Stadt verschönen, das heißt er legte eine Menge von neuen Spazierwegen und Anlagen in unmittelbarer Umgebung der Altstadt für den gepflegten Sonntagsspaziergang an.

 

Nur einige der wichtigsten Arbeiten: die Instandsetzung des Weges an den Malteseranlagen; ein Weg durch die Schlucht nach Pössing (Pumphaus den Hang hinauf); der Pössingerauweg vom Klöster' aus parallel zum Lech (aber im Gegensatz zu heute, direkt an der Hangkante des Krachenberges) oder der Siebenquellenweg vom englischen Garten nach Süden z. heutigen Stausee, wo der Verein sieben Quellen fassen und einen Brunnen errichten ließ) oder 1902 den Weg auf den Hügel beim Jungfern-sprung oder 1925 der Serpentinenweg vom ehemaligen städt. Wasserwerk am Ende des Klösterls zum Nordzipfel des Krachenbergs, etc, etc.. Dabei hatte der Verschönerungsverein vor mehr als hundert Jahren mit den selben Problemen der labilen Lechsteilhänge zu kämpfen, wie wir heute beim Fußweg nach Sandau. Auch damals waren die Wege immer von Hangrutschen und Steinschlag bedroht. So befürchtete man, daß die Wiederherstellung des 1882 abgerutschten gleichen Weges statt 200 sogar 2000 Mark kosten würde und der Krachenbergweg nach Pössing war jahrelang wegen Steinschlags ganz gesperrt und ist heute zum Kneippbad gar nicht mehr gangbar und durch einen Weg direkt am Lechufer ersetzt. (noch sichtbar Eingang/Kneippbad).

 

Ein weiteres Anliegen war neben der Betreuung bestehender Anlagen, hier ist vor allem der englische Garten zu nennen, wo der Verschönerungsverein auch das Tuffdenkmal mit Tafel an den Gründer der Anlage, Obernberg, errichtete; die Anpflanzung von neuen Bäumen und Sträuchern - vor allem an den Lechleiten, die ehemals ganz kahl waren oder von Efeu an der Stadtmauer (wo sie heute z.T. noch alte Efeupflanzen entdecken können). Ferner setzte man eine Allee, an der damaligen Hochstraße, dem heutigen Hindenburgring und legte die sog. Leiboldanlagen gegenüber dem Gefängnis an. Für die Setzlinge unterhielt der Verein zeitweilig einen eigenen Pflanzgarten an der Epfenhausener Straße und zur Verhinderung von Vandalismus, der damals schon beklagt wurde (wie abgerissene Birkenreißer, ausgerissene Sprößlinge oder zerstörte Bänke) einen eigenen Anlagenaufseher. Die Arbeiten leitete über lange Jahre das, wie es in den Protokollen heißt, Faktotum des Vereins, Leutnant Lutzenberger. Natürlich baute und unterhielt auch die Stadtverwaltung viele Spazierwege und Anlagen und so überließ der Verein, z.T. aus Kostengründen immer wieder Wege der Stadt und 1925 als die Mittel des Vereines durch die Inflation recht zusammengeschmolzen waren, wurde eine grundsätzliche Vereinbarung mit der Stadt getroffen, welche Wege durch diese und welche vom Verein unterhalten werden sollten.

 

Das Thema Spazierwege war auch für den Verkehrsverein nach dem zweiten Weltkrieg noch wichtig. So wurde unter dem Vorsitzenden Elling in den sechziger Jahren der Weg vom Jungfernsprung entlang der Stadtmauer bis zum Bayertor gebaut und auch heute ist ja ein Anliegen des Vereins, die Wiederherstellung des zerstörten Weges nach Sandau.

 

Nur am Rande: Verschiedene Projekte des Verschönerungsvereins kamen auch nicht zur Ausführung:

 

So scheiterte 1907/08 das Projekt der Schiffbarmachung des Altöttinger Weihers an den vermutlichen Kosten von 7500 — 10000 Mark. (Sonst könnte man sich vielleicht heute noch wie bei der Kahnfahrt in Augsburg auf dem Weiher herumrudern lassen.)

 

Wie wurde aus dem Verschönerungsverein nun der heutige Verkehrsverein? Neben der Umgebung der Stadt wurde dem Verein auch die Schönheit innerhalb der Altstadt immer wichtiger, für die man schon früh mit Plakaten und Broschüren Werbung trieb; deswegen versuchte man auch die  Verkehrsanbindung für die Fremden zu verbessern. So stellte der Verein mehrere Anträge, die Bahnstation Kaufering an der Hauptlinie München-Lindau in Landsberg — Bahnhof umzubenennen (diese Station ist ja wirklich von beiden Siedlungszentren fast gleichweit entfernt), wie man immer auch auf günstigere Fahrplananschlüsse nach Landsberg Einfluß nehmen wollte. 1892 wurde innerhalb des VV eine Sektion für Förderung des Fremdenverkehrs unter der Leitung von Bürgetmeister Bachmann gebildet. Als aber 1905 bei der Generalversammlung nach dieser gefragt wurde, mußte der Vorstand zugeben, daß diese eingeschlafen sei, weil keine Wohngelegenheit für Fremde vorhanden seien". Damals wurde der Ausschuß neu belebt und 1909 wurde in der neuen Satzung, als der Verein erstmals ins Vereinsregister eingetragen wurde, neben der Verschönerung auch die Förderung „des Fremdenverkehrs in hiesiger Stadt" als Vereinszweck festgelegt. Ein Beispiel für die Verschönerung der Innenstadt ist das Wetterhäuschen am Eingang der Altstadt an der Karolinenbrücke (1907 für 688 Mark).

 

Nach dem ersten Weltkrieg (als das Vereinsleben bis 1919 ruhte) wurde der Fremdenverkehr als zweites Standbein des Vereins so wichtig, daß seit 1924 unter dem neuen Vorstand Bürgermeister Dr. Baur der Verein praktisch aus zwei Abteilungen bestand: einer für Verschönerung und einer für (Fremden)verkehr. Der Titel wurde 1924 in der Hauptversammlung offiziell in „Verschönerungs- und Verkehrsverein Landsberg" umgewandelt. Am 25. Mai 1934 folgt dann im Vereinsregister im Amtsgericht wieder eine Eintragung:

 

„Der Verein führt nun den Namen Verkehrsverein Landsberg a. Lech" und zusätzlich: „Der Vorsitzende des Vereins ist der jeweilige 1. Bürgermeister. Dieser ist Vorstand im Sinne des § sowieso, sowieso,...".

 

Damit sind wir in der Zeit des Nationalsozialismus angelangt, die für den Verkehrsverein zunächst das Aus brachte. Die Eintragungen im zweiten Protokollbuch des Vereins enden im Jahre 1933. Im Vereinsregister des Gerichts ist im August 1938 eingetragen: „Der Verein ist durch Beschluß der Mitgliederversammlung vom 16. 8. 1938 aufgelöst." (Kopie des Beschlusses ... ohne Diskussion ). Der Verkehrsverein (mit 1934) 334 Mitgliedern wurde also 1938 gleichgeschaltet, nachdem schon seit 1934 keine Vorstandswahlen mehr stattfanden, sondern der nationalsozialistische Bürgermeister den Verein leitete, da das Führerprinzip auch in den Vereinen gelten sollte. Der Fremdenverkehr war also nun allein eine städtische Verwaltungsangelegenheit geworden.

 

1949 wurde der Verein aber durch rührige Personen, auch auf starkes Betreiben des OB Thoma mit dem Namen Verkehrsverein wiedergegründet. 1. Vorsitzender wurde Dr. Josef Hirschbeck, unter dessen Leitung der Verein sogleich ein reges Programm entfaltete. Ich nenne nur die Herbstschau 1950, eine stark besuchte Gewerbeschau und einen Künstlerwettbewerb 1949, deren Bilder für ein neues Plakat und einem neuen Prospekt verwendet werden sollten. (1. Sieger: Kunststudent Karl Fischer — Beteiligung von Adolf Reidel, Walter Schmelcher, Walter Rose ) (weiter: Gründung Romantische Straße, 1950 1. Faschingszug auf Betreiben des VV). Seit der Zeit begann auch die starke Zusammenarbeit mit dem städtischen Verkehrsamt, als erster Geschäftsführer fungierte der Leiter des Verkehrsamts Raimund Erdell bis 1972. (städtische Geschäftsführer bis heute —über W. Eichner, Anton Stock, erner Schmid, Herr Monschein bis zum heutigen Geschäftsführer Herrn Reinhold — sehr gestaunt — schon 1978 Schreiben).

 

Leider blieb es nicht bei dem Schwung der Wiedergründungszeit. Durch den beruflichen Wegzug v. Dr. Hirschbeck — er ging 1955 als Chemiker zu Höchst- und Tod weiterer Vorständler, ruhte das Vereinsleben und die Geschäfte wurden lediglich durch Herrn Erdell weitergeführt. So stand der Verkehrsverein 1960 wieder vor dem Ableben. 1960 ist ein Aktenvermerk des Bürgermeisters Hartmann an den OB erhalten, als sich keine Personen zur Wahl in die Vorstandschaft bereit fanden: Er schreibt: „Nach meiner Auffassung werden alle

 

Fragen des Fremdenverkehrs vom Städtischen Verkehrsamt (Herr Erdell) umsichtig und völlig ausreichend wahrgenommen. Die Zwischenschaltung des Verkehrsvereins bringt keine Vorteile, sondern nur Verwaltungsmehrarbeit. Ich bin dafür, die Auflösung des Vereins herbeizuführen." Glücklicherweise war OB Dr. Engshuber anderer Ansicht und vermerkt als Aktennotiz: „Nach Besprechung mit Herrn Dr. Hirschbeck (der ja wohl immer noch gewählter Vorsitzender war) soll der gegenwärtige Zustand bis auf weiteres belassen bleiben." ( d.h. Raimund Erdell führt die Geschäfte ohne eigentliches Vereinsleben weiter).

 

Der fast zehnjährige Dornröschenschlaf endete dann erst 1964 mit der Wahl von Oberstudiendirektor Max Elling (Direktor der Landw. Lehranstalten) als Vorsitzenden und dem Neubeginn mit 20 Mitgliedern. Die erfolgreiche Arbeit wurde dann mit den klassischen Arbeitsfeldern Fremdenverkehr und Verschönerung (zB. Blumenschmuckwettbewerben) aber auch allgemeinen Konzepten zur Verkehrs- und auch Wirtschaftsförderung ( wie Fragen der Platzwahl des Campingplatzes, der Nordumgehung — Autobahn) über die Vorstände Anton Kolb (Polizeiamtmann), Sparkassendirektor Franz Wallrapp (1979 erster CM), Norbert Kreuzer, Fritz Weber, Sieglinde Soyer und Hans-Jürgen Schulmeister fortgesetzt. 2015 wurde der Verein wein weiteres Mal umbenannt und trägt heute wieder den Namen "Verschönerungsverein Landsberg am Lech e.V.".